
Das Blaue Kreuz ist weltweit bekannt. Auf der Suche nach einem professionellen Drink-Mix-Equipment für einen TDS-Stand entstand ein Kontakt mit dem Blauen Kreuz Aargau-Luzern. Nur fünf Gehminuten vom TDS Aarau entfernt steht das Büro von Isabel Minck und Salome Zuberbühler. Sie erzählen im Interview, was Blaue Kreuz ist und was sie an ihrer Arbeit begeistert.
Wie hat sich das Blaue Kreuz im Verlauf der Jahre verändert?
Isabel Minck: Das Blaue Kreuz Schweiz wurde 1877 in Genf gegründet und engagierte sich für Menschen mit Alkoholproblemen. Die Suchtthematik ist nach wie vor das Kernthema des Blauen Kreuzes. Seit 30 Jahren hat der Bereich Prävention aber stark zugenommen.
Salome Zuberbühler: Während früher die Abstinenz von Alkohol das Ziel war, so wird heute ein ganzheitlicherer Gesundheitsbegriff thematisiert: Ein gesunder Umgang mit Alkohol wird angestrebt.
I: Dies zeigt sich auch in den Blaukreuz-Vereinen, in denen sich früher die Mitglieder zur Alkoholabstinenz verpflichten mussten. Heute sind diese Art von Mitgliedschaften rückläufig. Was viele Leute nicht wissen: Es gibt immer mehr Unterstützerinnen und Unterstützer ohne Abstinenzverpflichtung. Sie unterstützen Ziel und Zweck des Blauen Kreuzes – Suchtprävention und Hilfe an suchtgefährdeten Menschen und ihren Angehörigen.
Da hat sich das Blaue Kreuz auch der Zeit angepasst, Stichwort lösungsorientierte Beratung. Man möchte positive Akzente setzen: Ich mache etwas für meine Gesundheit, ich habe einen bewussten Umgang mit dem Alkohol. Ich schlafe besser. Nicht: Ich verzichte auf Alkohol.

Salome Zuberbühler ist verantwortlich für die blue cocktail bar und die Alkohol-und Tabak-Testkäufe des Blauen Kreuzes Aargau-Luzern. Sie studiert Soziale Arbeit und Theologie in Fribourg und engagiert sich ehrenamtlich in einer Outdoor-Organisation und in der Flüchtlingshilfe. Sie wohnt im Kanton Bern.
Was fasziniert euch an eurer Tätigkeit beim Blauen Kreuz?
I: Die Leute kommen mit vielen Ressourcen in die Beratung, haben Erkenntnisse über ihr Leben. Ich darf sie auf diesem Weg begleiten, kreativ sein in meinen Methoden. Bei den Gruppen für Frauen, die ich begleite, fasziniert mich die Offenheit und Ehrlichkeit.
Wie werden diese Frauen auf euch aufmerksam?
I: Wir informieren in Kliniken, auf unserer Website. Neben uns gibt es auch kantonale Stellen, z. B. die Aargauische Suchtberatung. Gegenüber ihnen haben wir den Vorteil, dass wir alle beraten, die eine Beratung suchen. Der Wohnkanton spielt keine Rolle.
Ein Schlüsselerlebnis war eine Familienberatung: Zwei Jugendliche, 17 und 14, kamen mit ihrer Mutter. Sie haben zum ersten Mal überhaupt über die Alkoholsucht der Mutter geredet! Meine Hauptbotschaft ist, auch wenn ich Präventionsworkshops gebe: Es ist gut, dass ihr da seid und gemeinsam drüber reden könnt. Bleibt nicht allein mit euren Problemen!
Beim Projekt roundabout begeistert mich der Mix: Mädchen können tanzen, erleben ein positives Körpergefühl und finden gleichzeitig einen Ort, um sich auszutauschen.
Und was begeistert dich, Salome?
S: Bei den Alkohol- und Tabak-Testkäufen erleben die Jugendlichen die Polizei, welche die Testkäufe begleitet und aufdeckt, oft sehr positiv und kollegial. «In einem Notfall kann ich mich an sie wenden» war dann auch die Aussage eines Jugendlichen nach dem Testkauf.
Bei unseren Präventions-Mix-Workshops in Klassen resp. Gruppen sind die Lehr- bzw. Pfarrpersonen beim Präventionsteil meist nicht dabei. Somit entsteht eine offene Atmosphäre. Die Jugendlichen reden offen über ihr Konsumverhalten – zwischen Genuss und Sucht. Wenn ich von meinen Erfahrungen erzähle, so bewirkt das ebenfalls Offenheit. Toll ist auch, wenn ich die Statistiken über Tabak- und Alkoholkonsum den Jugendlichen zeige: Sie sind oft erstaunt darüber, dass sie zu der Mehrheit gehören, wenn sie beispielsweise nicht rauchen. Im Anschluss zum Präventionsteil mixen wir alkoholfreie Getränke und geniessen zusammen unsere selbst kreierten Drinks.
Die Jugendlichen reden offen über ihr Konsumverhalten – zwischen Genuss und Sucht.
Bei grossen Parties, z. B. der Fluggesellschaft Swiss, werden wir schon seit Jahren gebucht, damit wir unsere alkoholfreien Drinks anbieten. Wir erhalten regelmässig positive Feedback über unser vielfältiges und attraktives Angebot. Der Wunsch nach hochwertigen alkoholfreien Drinks in Bars oder an Parties steigt deutlich an.
Das neue Projekt Creative-Drink-Challenge ist zudem eine Bereicherung für die Angebote der blue cocktailbar. Dabei steht die Partizipation im Vordergrund. Die Jugendlichen können ihrer Kreativität freien Lauf lassen, eigene Drinks kreieren und mit etwas Glück einen tollen Preis gewinnen. Dieses Angebot richtet sich an Jugendgruppen und Jugendtreffs.
Welche Angebote eignen sich gut für Sozialdiakonie?
S: Die Präventions-Mix-Workhops eigenen sich super. Zum einen wird das Suchtthema näher gebracht und zum anderen erlernen sie Drink-mix-Fähigkeiten, die sie beispielsweise im Rahmen eines Jugendgottesdienstes oder eines Kirchenfestes einsetzen können.
I: Die Tanzgruppen roundabout werden oft in Zusammenarbeit mit den Kirchen aufgebaut und durchgeführt und eignen sich somit ebenfalls gut.

Eignen sich die Angebote auch für offene Jugendarbeit oder für Schulklassen?
S: Ja klar. Wir sind gut mit der Jugendarbeit auf Gemeindeebene vernetzt und weisen jahrelange Erfahrung in der offenen wie kirchlichen Arbeit mit Jugendlichen auf.
I: Die Ferienlager für Kinder, die z. T. aus Familien mit einer Suchtthematik kommen, sind auch sehr beliebt. Diese werden z. B. durch den Alkohol-Zehntel (Abgabe von 10 % des Umsatzes alkoholischer Getränke für Prävention) unterstützt.
Welches sind eure Gesundheitstipps?
I: Soziale Kontakte pflegen, Partizipation in der Gesellschaft. Einsamkeit ist weit verbreitet. Auf der einen Seite ist Stress in der Arbeitswelt ein grosses Thema. Ich empfehle, Ausgleich zu suchen. Auf der anderen Seite erlebe ich eine verbreitete Alltagsmüdigkeit. Ich ermutige, etwas Gutes für die Gesundheit zu tun, wie zum Beispiel Sport und Bewegung. Der erste Schritt braucht immer viel Kraft, aber es lohnt sich.
S: Generell das Eingebundensein in einen Kreis von Menschen, wo man sich regelmässig trifft. Traue dich, fange mit einem ersten Schritt an und feiere auch die kleinen Erfolge.
I: Die Gesellschaft sieht nur die grossen Schritte. Wir sagen: Du musst nicht alles aufs Mal schaffen.
Stress in der Arbeitswelt ist ein grosses Thema. Auf der anderen Seite erlebe ich eine verbreitete Alltagsmüdigkeit.
Was motiviert euch an eurem Job?
I: Es ist eine sinnvolle Arbeit, da wir Menschen für etwas Gutes begeistern können. Die Resultate unserer Arbeit sind oft nicht sofort sichtbar, sondern erst längere Zeit später. Erst dann sieht man die Früchte der Arbeit und weiss, dass sich unser Einsatz gelohnt hat.
S: Auch wenn wir nur eine Person einer grösseren Gruppe erreichen und diese sich für ein gesünderes Leben entscheidet, dann war der Einsatz ein Erfolg.
Das Blaue Kreuz
Das Motto des Blauen Kreuzes lautet: Gemeinsam für eine Welt, in der Alkoholkonsum kein Leid verursacht. Das gesellschaftliche Ziel ist ein massvoller und verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol und anderen Suchtmitteln. Das Engagement steht im Zeichen der christlichen Nächstenliebe und der Solidarität mit suchtbetroffenen Menschen.
Das Blaue Kreuz Schweiz ist die Dachorganisation aller kanntonalen Organisationen, dazu gehört auch das Blaue Kreuz Aargau-Luzern. Das Internationale Blaue Kreuz ist in rund vierzig Ländern tätig.
Das Angebot bzw. die Tätigkeiten des Blauen Kreuzes Aargau-Luzern:
Beratung rund um die Themen Alkohol, Sucht, Gefährdung und Co-Abhängigkeit. Die Beratungen sind kostenlos und unterstehen der Schweigepflicht. Neben Einzel-, Paar- und Familienberatung finden auch geführte Gesprächsgruppen statt.
Die blue cocktail bar hat zwei Hauptschwerpunkte. Zum einen die Bareinsätze an Events. Dabei werden an einer stilvollen mobilen Bar raffinierte alkoholfreie Drinks gemixt und ausgeschenkt. Zum anderen die Präventions-Mix-Workshops. Dabei erlernen die Jugendlichen das Mixen von feinen alkoholfreien Drinks (zwei Stunden) und werden zudem auch zur Suchtproblematik sensibilisiert (eine Stunde).
Die Creative Drink Challenge ist ein neues Projekt innerhalb der Workshops, welche zum Ziel hat, die Partizipation und Kreativität der Jugendlichen zu fördern.
Die Workshops sind geeignet für Schulen, Jugendtreffs oder Jugendlager.
be my angel tonight ist ein Angebot für Fahrzeuglenkende, die zum Schutz ihrer Mitfahrenden und des Strassenverkehrs allgemein auf den Alkoholkonsum verzichten und so eine «Schutzengel-Funktion» wahrnehmen. Das Ziel ist es seine Mitfahrenden sicher nach Hause zu bringen. Mitarbeitende regen Partygruppen an, einen «Schutz-Engel» zu bestimmen, der nach Partyende sich und seine Mitfahrenden sicher nach Hause bringt.
roundabout ist ein schweizweites genderspezifisches Streetdance-Netzwerk. Das niederschwellige Präventions- und Gesundheitsförderungsangebot will Mädchen und junge Frauen in ihrer Einzigartigkeit unterstützen und sie ermutigen, bewusst mit sich umzugehen.
Testkäufe im Kanton Aargau erfolgen in Zusammenarbeit mit der Suchtprävention Aargau, dem Kanton und den Gemeinden. Bei den Testkäufen versuchen Jugendliche, Alkohol bzw. Tabak zu kaufen, welche für sie gesetzlich vom Alter her noch nicht zugelassen sind. In Zusammenarbeit mit der jeweiligen Regionalpolizei werden die Testkäufe aufgedeckt und das Verkaufspersonal sensibilisiert.
Für Testkäufe und zahlreiche andere Projekte werden laufend freiwillige Mitarbeitende gesucht.